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memory, 2009


Wir besuchten Peter bei seiner kleinen Hütte am See, wo er gerade mit seiner deutschen Freundin wohnte. Dort gibt es weder Strom noch Wasser, das nehmen sie aus dem See. Um ein wenig Geld für ein billiges Auto zusammen zu bekommen, jagt er und verkauft das getrocknete Fleisch. Während er uns mit Suppe
bewirtete, erzählte er uns von seiner tiefen Verbundenheit zu seinem Schutzgeist, dem Bären. Wie zur Demonstration erschien bald auch ein ausgewachsenes
Exemplar vor Ort, und aus sicherer Entfernung sah ich, wie er - nicht ohne sein Gewehr in der Hand - auf den Bären zuging und ihm sagte, dass er hier wieder zu verschwinden hatte. Peter hatte einige Tage später einen schweren Unfall mit dem gerade gekauften Auto auf der nächtlichen Strasse. Ich traf ihn vor dem Krankenhaus in der nächstgelegenen Stadt.


Als ich Doreen besuchte, um sie zu fragen, ob sie sich noch daran erinnern könne, dass ich gern ein Bild von ihr machen wollte, stand die Tür zu ihrem Haus offen und war offensichtlich beschädigt worden. Am frühen Morgen hatten ihr ein paar
betrunkene Typen von gegenüber auf der Suche nach ihrem Sohn die Tür eingetreten. Nun wusste sie nicht genau, wie sie ihr Haus abschließen sollte.
Doreen ist als eine von wenigen nicht in einer Residential School, einem Internat für Indianerkinder, aufgewachsen und versucht, in gewisser Weise eine traditionelle Lebensweise beizubehalten.Sie unterrichtet Cree in der Schule im Reservat in
Waterhen. Als ich abreiste, wurde ihr gerade eine wesentlich besser bezahlte Stelle in der Stadt angeboten. Da sie aber niemanden findet, der in dieser Zeit auf ihr Haus aufpasst, wird sie diese wahrscheinlich nicht annehmen. Wenn Doreen nicht mehr arbeiten muss, möchte sie wieder in das alte Haus ihrer Eltern auf der anderen Seite des Sees ziehen. Sie träumt von einem schönen Garten und ein paar Tieren. Der Ort, an dem wir das Bild machten, war voller Blaubeeren und die Blätter der Sträucher färbten sich schon langsam gelb.


David hatte eigentlich gar keine richtige Zeit und war etwas verwundert, dass ich mit ihm zum alten Highway fuhr, um dort ein Bild zu machen. Ich hatte ihn gerade aus den letzten Vorbereitungen für die Sommerspiele in Alberta gerissen, wo er mit
Jugendlichen aus Waterhen an diesem Nachmittag hinfahren wollte. Nun musste er auf dem Beifahrersitz stillsitzen.
David kennt alle Kinder aus dem Reservat. Er arbeitet schon seit 15 Jahren hier und organisiert Workshops, Jugend- und Kulturcamps für sie und ihre Eltern. Es ist ihm sehr wichtig, den Kindern immer wieder die Möglichkeit zu bieten, das Leben
ihrer Vorfahren kennenzulernen und damit wieder vertraut zu werden. Er plant, im nächsten Jahr mehrere Holzhäuschen auf der anderen Seite des Sees für diese Zwecke zu bauen. Er sagte, mein Mann und ich könnten da gern mitmachen.

